Mittwoch, 2. Juli 2014

MEIN INKARNATIONSVERLAUF Teil 7

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Hallo, jetzt bin ich wieder putzmunter da. Eine glorreiche Inkarnation war für mich vorbereitet worden. Nicht so sehr im Hinblick auf das Geldverdienen sondern als Riesenschritt zu der Erkenntnis, daß es so etwas wie eine göttliche Moral gibt die sich irgendwie in der Brust bemerkbar machte. Ich war also jetzt ungefähr halb erleuchtet. Sicherheitshalber habe ich aber den Pfaffen noch ein paar Silberstücke untergeschoben damit meine bisherige Schuld in Gottes Namen vergeben wurde. Das Geld dazu habe ich, so weit es ging, mit reinem Gewissen erworben. Keine Schnapsleichen und keine Fliegenpilzleichen säumten diesmal meinen Weg. Ich habe die Weichen auf dem Weg nach oben hin zum göttlichen Paradies gestellt. Nur war ich mir darüber noch nicht bewusst. Aber geklingelt hat es auf jeden Fall. Auch diesmal half mir ein seltsamer Zufall, daß ich mir einen Broterwerb einhandelte der diesmal moralisch astrein war. diese Geschichte muss ich unbedingt erzählen:

Ich stammte aus einem armen Haus ab. Der Tisch war oft so kahl wie die Glatze meines trinkenden Vaters. Er schlug mich oft durch sein eigenes schlechtes Gewissen provoziert. Er war mit sich selber und seinem miserablen Leben unzufrieden. Meine Mutter ist schon vor Jahren aus Gram und an der Schwindsucht dahingegangen weil der Hunger ihr buchstäblicher Bundesgenosse war. Der Alte hat alles weg gesoffen was sie mit Wäschewaschen heimbrachte. Ich musste für meine vorhergehenden Inkarnationen büßen. Ich fühlte es.

Wieder einmal wurde ich, jetzt schon fast erwachsen , von meinem schon verblödeten Alten auf Futtersuche weggeschickt. Das Huhn des Nachbarn stach in sein Auge. Dazu reichte sein Verstand noch. Aber vermutlich war es sein versoffener Magen der das Denken übernahm. Auf jeden Fall hatte der Alte einen Heißhungeranfall. Wie so oft nach einem ordentlichen Saufgelage. Es war Winter und bitterkalt. Die Spuren im Schnee würden mich verraten wenn ich auf das Grundstück des Nachbarn ging. Ich setzte mich unter einen Zwetschgenbaum. Wohl bemerkt unter einen Zwetschgenbaum und brütete so vor mich hin. Plötzlich fiel etwas auf meine Wollmütze und ich glaubte schon, daß mich ein Vogelschiß im Fluge abgefeuert, voll auf meinem Haupte ins Schwarze getroffen hat. Ich zog die Mütze herunter um sie zu begutachten. Nichts war zu erkennen.

Dann blickte ich um mich. Und siehe da, etwas kleines, verschrumpeltes lag zu meiner Seite. Schwarz und hässlich. Ich konnte eine ausgetrocknete Zwetschge erkennen mit denen sich normalerweise kein Mensch abgab. Früchte wurden frisch genossen oder als durchsichtige, im Mund brennende Flüssigkeit umgewandelt, den Hals heruntergekippt. Ich hatte einen Bärenhunger und nahm das verschrumpelte Ding in die Hand und roch daran. Es roch fruchtig und nicht schlecht. Wie Trockenobst eben so riecht. In diesem Fall gefriergetrocknet. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Mein Hunger besiegte den Ekel und ich knabberte etwas an der Zwetschge. Süß und aromatisch kitzelte das lederartige Fruchtfleisch meinen Gaumen. Ich aß das ganze Ding auf und verschluckte mich fast an dem Kern der Frucht. So gierig wurde ich nach der ersten Zungenprobe. Zum Teufel, ich hätte nicht gedacht, daß so etwas hässliches wie eine ausgetrocknete Zwetschge so gut schmecken kann. Und das nicht nur wegen meinem Hunger, sondern es war wirklich ein himmlischer Genuss.

Der Teufel möge mir verzeihen. Dieses ausgetrocknete Zwetschge sollte mein Leben verändern und mit mir das Leben vieler meiner Zeitgenossen. Denn trockene Zwetschgen waren haltbar und machten dem Hunger in der Winterszeit in Zukunft ein Schnippchen. Dieser Zwetschgenfall auf mein Haupt hatte weltbewegende Auswirkungen die nur noch von einem Apfelfall in einem späteren Jahrhundert auf das Haupt eines alchemistischen Denkers übertroffen wurde. Der stellte fest, daß alle Dinge nach unten fielen. Gravitationsgesetz nannte er dies und fing an zu rechnen und zu rechnen. Bis heute weiß man aber nicht wie das ganze funktioniert. Nichts desto trotz, die Trockenfrucht war geboren. Etwas handgreifliches und mathematisch fast unberechenbares, aber vor allen Dingen etwas sättigendes.

Zwetschge, Pfirsich und noch so viele Früchte mehr wurden von mir getestet und getrocknet. Bald hatte ich auch heraus, wie ich die Früchte am besten trocknen konnte. Weintrauben ließ ich im Winter am Stock austrocknen. Zwetschgen in der schattigen und luftigen Wärme eines Spätsommers. Ich wurde Trockenobstexperte. Und eigenartigerweise wurde wieder die Zwetschge mein Verkaufsschlager. Diesmal in einem anderen Aggregatzustand.

Ich handelte mit diesen Früchten und wiederum kam ich in den unverdienten Genuss eines Geldregens. Aber ich will meine Arbeit nicht schmälern, denn nicht jeder setzt eine gute Idee in die Realität um. Und nicht jeder der am Kopf von etwas getroffen wurde bekam eine leuchtende Idee die man heute eine Intuition benennen würde. Meinen verbitterten Vater konnte ich nicht mehr retten. Die Leber! Aber mein jetziges Gewerbe konnte ich wenigstens mit meinem jetzt erwachten Gewissen vereinbaren. Wenn mein Leben auch bei weitem noch nicht perfekt war.

FORTSETZUNG FOLGT!

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